Immer mehr Veranstalter setzen Fotowände fürs Publikum zur Werbung ein. Ob beim Musical, in der Wilhelma oder im Varieté: Selfies vor lustiger Kulisse, die bei Facebook gepostet werden, sind die neue Mund-zu-Mund-Propaganda.

Das Prinzip ist nicht neu. Wurde der Kopf durch ein Loch gesteckt, zur Belustigung der anderen, sagte man im Mittelalter Pranger dazu. Heute nennt man so was Werbung – es ist der Stoff, den die Generation Smartphone am liebsten teilt.

Die öffentliche Vorführung findet heutzutage im sozialen Netzwerk statt, glücklicherweise meist auf freiwilliger Basis. Die Delinquenten stellen sich selbst zur Schau. Einst war’s der Marktplatz, der zum Bloßstellen am Schandpfahl diente. Zwei Bretter klappten aufeinander, in denen es Aussparungen für den Hals und die Handgelenke eines Verstoßenen gab.

Heute lassen Veranstalter, Musicals, zoologische Gärten Löcher in Fotowände bohren, auf dass Besucher ihre Köpfe durchstecken und sich mit Smartphones fotografieren lassen. Später soll damit die Welt via Facebook erfahren, was für einen lustigen Abend man hatte. Fotowände gibt’s auch in Kneipen oder im Wasenzelt.

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Die Fotowand vom Friedrichsbau Foto: Durm

Die Mund-zu-Mund-Propaganda ist unsere beste Werbung“, sagt Mascha Hülsewig, die Sprecherin des Friedrichsbau Varietés. Nicht mehr entscheidend ist, was der Zeitungskritiker schreibt, sondern ob Besucher nach der Show für diese im sozialen Netzwerk bei Freunden und Arbeitskollegen trommeln. Mit den Fotowänden, die überall zu sehen sind, ob in der Wilhelma oder im Foyer von „Tarzan“, will man es Besuchern leichter machen, die frohe Kunde weiterzutragen, wie schön es hier doch war. Natürlich fehlen auf den Wänden selten Werbeschriften. Wie ausschlaggebend die Mund-zu-Mund-Propaganda – oder besser gesagt: das Profil-zu-Profil-Posting – ist, hat die jüngste Zauber-Show im Varieté gezeigt. Zwar erschien in einer Zeitung ein heftiger Verriss – doch am Ende war die Auslastung des magischen Programms die bisher beste in dem vor anderthalb Jahren am neuen Ort eröffneten Theater.

Um eine vorsichtige Prognose zu wagen: Die Auslastung der aktuellen Show „Rockabilly“ mit Max Nix & Wil­li Wid­der Nix dürfte den gerade erst aufgestellten Rekord brechen. Es ist die bisher beste Show, die im neuen Friedrichsbau zu sehen war. Das Varieté hat ein fertiges Paket gekauft. Seit Jahren touren Max und Willi mit ihrer Truppe durchs Land, bestens aufeinander eingespielt. Die Regie ist diesmal also nicht made in Stuttgart.

Auf der Fotowand im Varieté-Foyer sind Max Nix und sein Kumpel mit roter Fliege bzw. gelber Krawatte abgebildet. Ihre Köpfe sind Löcher und werden gern von den begeisterten Zuschauern gefüllt, die gleichzeitig zeigen können, wie gut sie im Grimassenschneiden sind.

Daumen nach oben! Gefällt mir! Leere Starköpfe bieten dem Fan die Chance, in den Leib, in die Rolle und ins Gewand eines Stars zu schlüpfen. Derartige Träume lassen sich in wenigen Sekunden erfüllen,bis der nächste Besucher ran will.

Elvis kommt aus Backnang

Ins Gewand von Elvis Presley sind so viele Rock’n’Roller geschlüpft, dass man sie nicht mehr zählen kann. Kein anderer Star hat so eine Flut an Doubles ausgelöst. Klar, in der besagten Rockabilly-Show gibt’s einen Elvis (angeblich aus Backnang). Der echte King starb 1977, lange vor dem Facebook-Start. Dort hat er, logisch, heute ein Profil – mit 13,4 Millionen Fans. „Return to sender“ hat Elvis gesungen und nicht geahnt, dass man bei Facebook dereinst nichts mehr zurücksenden kann. Was dort gepostet wird, ist nicht returnbar. Für immer und ewig im Netz bleibt jede noch so dumme Grimasse mit der Tolle von Max Nix. Den meisten macht’s wohl nix und Widder Nix.

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