Wird 2013 das Jahr des verunsicherten Mannes? Die Warnungen häufen sich. Und der Künstler G.A.W. tanzt dazu.

Kaum ist das neue Jahr  wenige Tage alt, werden wir den Verdacht nicht los, dass alles wie immer beim Alten bleibt, nur dass wir dabei immer älter werden.

Oder wird diesmal alles anders? Als ob die alternde Republik  nicht schon Erschwernisse  genug bringt – jetzt heißt es auch noch, der Mann sei der Depp. „Das starke Geschlecht sucht seine neue Rolle“, steht gleich  auf dem Titel des aktuellen „Spiegels“. Im Heftinneren lesen wir, der Mann sei der Verlierer der Wirtschaftskrise, weil er „zu starr und zu unflexibel“ sei. Lieber „Spiegel“, das kann gar nicht sein! Schaut euch nur mal einen ganzen Kerl wie den Stuttgarter Künstler G.A.W. an, wie der elastisch in den Hüften tanzen kann!

Mit der Macht der Hormone befasst sich der Künstler in seinem Werk. Ein Experte also. Ich hab ihn sofort nach der „Spiegel“-Lektüre kontaktiert. Seine viel diskutierte Fotoschau  (noch bis zum 27. Januar bei Marko Schacher  im Galerienhaus) trägt einen Titel, der auch den Voyeur im Kunstfreund anspricht: „Georg im Puff.“ 

Piff, paff, puff. Zum Start ins neue Jahr knallen Trendforscher gern. Der Bekannteste seiner Zunft ist Matthias Horx,  einst „Tempo“-Journalist. Kernig hat der 57-Jährige im Gespräch mit dpa von einer „medial gestützten Erregung“ gesprochen, die da auf uns zukommt.  Die Erregungskurve von 2013 steigt demnach beim Thema Frauenquote besonders stark an.  Der „Female Shift“, womit Horx den  „wachsenden Einfluss von Frauen in Wirtschaft, Politik und Kultur“ meint, stehe vor seinem Durchbruch. Der 57-Jährige wörtlich: „Dies  bedeutet einen Abschied von den männlichen Präsenzkulturen.“

Ade, du Präserkultur!  Liebe Alice Schwarzer, es ist vollbracht. „Der Mann ist Opfer, denn die Frau ist das wirklich starke Geschlecht“, sagt G.A.W. alias Georg Alfred Wittner. Bei der Performance „Georg und die Tänzerin“ mit der Bourlesque-Tänzerin  ZouZou la Vey hat der 50-Jährige, ein Szene-Urgestein (spielte einst bei Sexangels), klar den Kürzeren gezogen (Fotos in diesem Blog von Günther Ahner ). In der rot beschimmerten Galerie Schacher ist’s bei der  Ausstellung „Gürtellinie“ unter reger Anteilnahme männlicher Besucher geschehen. Die konnten daheim sagen, sie gingen zur Kunst-Performance. Hört sich besser an, als hätten sie gesagt:  „Du Schatz, ich geh mal zur Stripperin.“

 G.A.W.  ging als Kunstfigur Georg in den Puff und ließ sich dort in körperlicher Annäherung an die dort Beschäftigten fotografieren – meist mit traurigem Blick. An die Abfertigung in einer Autowerkstatt erinnert ihn, was in den Bordellen geschieht. Die Triebabfuhr als freudlose Betätigung. Doch so genau weiß er es nicht. „Ich war nicht als Kunde dort“, stellt G.A.W. klar, der das Geld, das er als Leiter des Stuttgarter Jugendhauses Mitte verdient, wohl anderweitig ausgibt. Und wer behauptet, er verkaufe zu Merchandising-Zwecken getragene Unterwäsche, hat  ihn erst recht missverstanden. „Schiesser verkauft Unterwäsche“, erklärt der 50-Jährige, „ich verkaufe Kunst.“ 

Der Mann als Opfer seiner Gürtellinie. So kann es eine Kunst sein, im jahrhundertalten Spiel mit den Frauen zu bestehen. Doch nicht jeder hat sechs Million Dollar übrig, um sie nach Verfehlungen einem Zimmermädchen zu geben. Es ist deshalb ratsam, rechtzeitig das Hirn einzuschalten.  Und das soll im neuen Jahr plötzlich  gelingen? Denn wir wissen auch ohne Trendforscher: Selbst wer glaubt, eine klare Linie in seinem Leben zu verfolgen, neigt in der Fantasie  mitunter zu Rundungen. 

Zu der Überschrift „Oh, Mann!  Das starke Geschlecht sucht seine neue Rolle“ sehen wir auf dem Titel des  „Spiegels“ einen nachdenklichen Mann. Er sitzt da wie auf dem Lokus. Ist doch klar, was er sucht. Seine neue Klorolle. 

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