Das gesprochene Wort – kann ein harter Brocken sein. Wer’s nicht glaubt, sollte mal eine Talkshow abtippen. „Aahs“ und „Oohs“ werden nerven, Floskeln, Füllwörter, nicht zu Ende gedachte Sätze – all dies erschwert die Lektüre. Bei Zeitungen ist es deshalb üblich, dass sie ihren Gesprächspartnern die Druckform des geführten Interviews „zum Autorisieren“ schicken. Der „Spiegel“ hat diese Praxis seit den 1950er Jahren kultiviert.

Da ist man einiges gewohnt.  Ich bekam schon Autorisierungen zurück, bei denen der Gesprächspartner die Fragen gleich mit änderte und aus den Antworten jeden Zahn zog, keinen Witz und nichts Interessantes  mehr zurückließ.

Gerhard Woyda (li.) und Mathias Richling bei den Proben im Renitenz-Theater Foto von Michele Danze

Gerhard Woyda (li.) und Mathias Richling bei den Proben im Renitenz-Theater Foto von Michele Danze

Da lob‘ ich mir Mathias Richling! Mit dem Kabarettisten habe ich für die „Stuttgarter Nachrichten“ ein Interview zu seinem Karl-Valentin-Programm geführt, das er nach 37 Jahren wieder im Renitenz-Theater präsentiert (vom 27. bis zum 30. Juni) – auf der Bühne seiner Jugend also, auf der  seine Karriere begann. Und wie einst sitzt der legendäre  Gerhard Woyda, heute 88, am Flügel.  

Mathias telefoniert mit Leidenschaft – doch mit Internet, E-Mails und Facebook hat er nix am Hut. Dafür hat er den Günter Verdin, seinen Regisseur, der schon vor 40 Jahren seine Programme inszenierte. Günter sollte also das autorisierte Interview an mich zurückmailen.  Nicht ein Wort hat er verändert! Er schrieb dazu: „Schönes Interview! Von Mathias freigegeben mit besten Grüßen.  Das mit der Muppet-Show sitzt tief. LG  vom Verdin“

Aber auch „das mit der Muppet-Show“ hat er nicht rausgestrichen. Hier nun die Passage, um die es geht – wie es sich gehört immer schön per Sie:

Frage: Wie ist die Zusammenarbeit nach all den Jahren mit dem Menschen Woyda?

Antwort: Großartig. Wir konnten beide alle Texte und Noten noch auswendig. Und er ist genauso präzise vorbereitet wie seinerzeit. Was haben Sie eigentlich immer mit Ihren „Jahren“? Sind 37 Jahre ein Zeitraum, in dem man verfallen müsste?

 F: Aber nein. Käse verdirbt wesentlich schneller. Als Gerhard Woyda Sie in den 1970ern ins Ensemble des Renitenz-Theaters holte, war er über 50. War das damals alt für Sie?

A:  Da. Schon wieder kommen Sie mit dem Alter. Was haben Sie für ein Problem damit?

F:  Wieso Problem? Wenn ich das Probenfoto von Ihnen mit Herrn Woyda und Ihrem Regisseur Günter Verdin sehe, muss ich an Statler und Waldorf denken. Mir haben die spitzen Kommentare der Mupett-Opas immer  sehr gut gefallen.

A:  Schön für Sie!  Schon in jungen Jahren habe ich Alter nicht über Jahrgänge definiert. Alter hat doch mit Alter nichts zu tun.

F: Aber Sie sind in einem Alter, in dem Sie Ihre Rente verjubeln könnten.

A: Ich geh doch nicht in Rente! Was ist das? Solange ich noch bei Sinnen bin, gehe ich auf die Bühne, und ohne Sinne kann ich wohl auch nichts verjubeln.

Das wollen wir hoffen, dass  Mathias nie in Rente geht!  Schon gar nicht im Jahr einer Bundestagswahl!

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