Die Freitreppe auf Platz eins vor dem Zum Zum und der Lerche. Das sind die  Spitzenreiter im Stuttgart-Album. Am 28. September ging unsere  Facebook-Seite ins Netz. Nach drei Monaten ziehen wir mal ’ne kleine Bilanz und schauen, für welche Beiträge und Fotos es bisher die meisten Klicks und Kommentare gab.

Vorneweg tausend Dank an alle, die so eifrig mitmachen und immer wieder tolle Geschichten, historische Dokumente und  fotografische Erinnerungen ausgraben.  Wir sind begeistert vom großen  Interesse an der Stadtgeschichte (die Facebook-Statistik meldet uns bis zu 63 000 Besucher in der Woche).  Wir, das sind die drei Album-Admins Tomi Wagner (links, unser Fotograf),  Manuel Kloker (Mitte, unser Designer) und Uwe Bogen (unser Journalist).  Ist sehr spannend, was da jeden Tag von den Albumsbeschickern  kommt.

Omas Facebook hieß Poesie-Album. War nicht alles schlecht, was Oma gemacht hat. Wir blicken zurück und nach vorn. Eigentlich haben wir vor drei Monaten mit dem Stuttgart-Album begonnen, um für unser Buch „Stuttgart – Eine Stadt verändert ihr Gesicht“ (Fotos vom Tomi, Texte von Uwe, die Titelgestaltung von Manuel) zu werben. Nach sechs Wochen war die erste Auflage weg. Für diesen längst wieder vorrätigen Band  mit seiner Vorher-Nachher-Schau ging das Stuttgart-Album an den Start – doch längst ist’s zum Selbstläufer geworden. Bücherkäufer, sagt man,  sind meist Frauen über vierzig.  Unsere Albumsklicker dagegen sind laut Statistik in der Mehrheit zwischen  25 und 34 Jahre alt und zu knapp 60 Prozent männlich. 

Wir haben aber auch ältere Semester, die uns reichlich Stoff von früher liefern. Einer von ihnen ist der Bergianer Gi Nne Günther Schach, Jahrgang 1940, ein ausgewiesener Stadt- und Städtles-Kenner. Gefreut hat uns auch, dass sich Regine Hugendubel ( „Ich bin als Knirps geboren“) gemeldet hat. In den Kommentaren ging es gerade ums legendäre Straßenbahn-Schild Vergiss nicht deinen Hugendubel“ wir hatten davon nur ein Schwarz-Weiß-Foto – , da mailte uns die Tochter des Regenschirm-Fabrikanten die Farbversion zu. Und dazu noch weitere lustige Werbemotive und Anekdoten aus den 1960ern. Super!

Noch ein Treffer: Beim Thema Müsli (Musicland) schwärmte Susann von ihrem Lieblings-DJ Jonas aus den 1980ern. Zwei Stunden später meldete sich eben dieser Jonas alias Thomas im Stuttgart-Album.  „Nee, jetzt, oder???“, staunte Susann, „und du siehst dir heute noch tatsächlich ähnlich.“ Darauf Jonas: „Danke, bin heute auch noch froh, dass ich mich im Spiegel noch erkenne.“  Im Stuttgart-Album konnten sie sich nach so langer Zeit austauschen. 

Ein weiteres Highlight: Mit  Hilfe unserer Besucher gelang es, die legendäre Currywurst-Verkäuferin vom Zum Zum, die „Einarmige“ ,  wie man sie liebevoll nannte, in Belgrad ausfindig zu machen. Dort hatte sie gerade ihren 76. Geburtstag gefeiert. Ihr Enkel meldete sich bei uns via Mail. Auf großes Interesse ist der Fall Schocken gestoßen – der Abriss des Kaufhauses in Stuttgart. Eine Userin schickt das Foto des ebenfalls von Mendelsohn entworfenen Kaufhauses, das bis heute in voller Pracht in Breslau zu bewundern ist. Sehr gefreut haben wir uns auch über die fotografischen Schätze, die uns Marcel Zügel geschickt hat. Dessen Urgroßvater Eugen Zügel  hatte vor über 80 Jahren die Stadt fotografiert, unter anderem 1931 den Brand des Alten Schlosses.  

Eine wahre Freude sind die vielen Einsendungen von Hobbyfotografen, die ganz besondere Ansichten der Stadt festhalten – mitunter aus ungewöhnlicher Perspektive, so dass wir alle rätseln dürfen: Wer weiß wo?

Hitzig wird hier diskutiert, ob sich die Abriss-Metropole Stuttgart selbst zersört (hier geht’s zur großen Debatte über die  Pläne fürs Einkaufszentrum Milaneo hinterm Bahnhof). Wo  bleibt im Bauwahn  die Seele, wird gefragt. Ist das „Stuttgarts neue Hässlichkeit“? Ist die Stadt nur noch in der Erinnerung schön?  Aber es wird auch dagegengehalten: „Stuttgart ist eine Großstadt“, lesen wir, „die muss sich weiterentwickeln, da baut man im Stadtzentrum nun mal keine lauschigen Einfamilienhäuschen oder Doppelhäuser mit Vorgarten.“ Unser Forum zensiert nicht, da kommen alle zu Wort.  

Besonders stark ist das Stuttgart-Album, wie wir finden, mit Hilfe unserer Kommentatoren immer dann, wenn es um besondere Menschen oder untergegangene Clubs geht, um Legenden der Stadt also, wenn jeder sein eigenes Erlebnis beisteuert und vieles auf diese Weise besser verständlich wird. Schöne Geschichten gab’s über DJ Lupus, über Bernd Heidelbauer, über das 1986 geschlossene Breuninger-Bad, über den Brunnenwirt  und über vieles mehr. So kommt man dahinter, wie Stuttgart tickt. Es  gibt so viele Gründe, diese Stadt zu lieben. „Das Stuttgart-Album macht schier süchtig“ , hat einer geschrieben. Und eine andere treue Besucherin teilt uns mit: „Ich bin jeden Tag auf eurer Seite – das ist Entertainment pur.“ Selbst als Stuttgarter ist man oft überrascht, was man hier alles noch Neues erfahren kann. Danke an euch! 

Hier nun die Top Ten von 2012 im Stuttgart-Album (die Beiträge mit den meisten Besuchern):

Platz eins: Die Treppe

Die legendäre, 1993 gebaute Freitreppe vom Kleinen Schlossplatz ist immer noch der absoulte Hit des Stuttgart-Albums mit Zehntausenden von Klicks. Die Treppe  geistert wie wild im Netz umher mit unzähligen Kommentaren und Liebesschwüren. Wer sich da alles auf der Treppe verabredet hat! Und so sieht die (kleinere) Treppe heute aus. 

 

Platz zwei: Das Zum Zum

Stuttgart hat die einarmige Heldin der Curry-Wurst nicht vergessen. 1968 wurde das Zum Zum an der Bolzstraße eröffnet, 2004 gab’s dort eine große Abschiedsparty. Ach, was für  tolle Geschichten gibt’s doch aus dem magischen Dreieck von Palast, Tier und Zum Zum. Hier geht’s zu den Zum-Zum-Kommentaren. 

Platz drei: Die Lerche

Steil nach oben schießen die Klickzahlen bei den Beiträgen zum ehemals größten Radio- und Fotogeschäft Süddeutschlands. 2004 hat die Lerche den Preiskampf verloren – viele scheinen dort einen beachtlichen Teil ihrer Jugend verbracht zu haben. Manche berichten, dass sie sich im Radio Barth beraten ließen und Musik hörten, dann aber in der Lerche (weil biliger) eingekauft haben. Irgendwann gab es Mediamärkte, die noch billiger waren. Und die Lerche sang nicht mehr. Es war das Ende einer Stuttgarter Institution, in der man sich in engen Treppenaufgängen den Kopf anstieß und in der die Verkäufer in ihren weißen Kitteln wie Ärzte aussahen. Unvergessen ist auch die Lerche-Tüte.

Platz vier: Der Kleine Schlossplatz 

Schlange vor dem Kartenhäusle, Freundschaftsbecher mit 25 Kugeln im Mövenpick. Beim Gedanken an den Kleinen Schlossplatz, hat Marc-Moris Wagner geschrieben, laufen bei ihm „zwei Emotionen“ zusammen: „Denjenigen, denen die Vorkriegsbebauung vertraut war, grauste es vor der Vorstellung des Kleinen Schlossplatzes. Kinder der 60er, 70er und 80er denken an den Mikrokosmos zurück,  der bis zum Umbau dort herrschte.“ 

Platz fünf: Der nackte Big Tom

Er war Stammgast in Stuttgarts Bars und Clubs und hatte irgendwann in der Nacht nichts mehr an. Mit seinen Nacktauftritten sorgt Big Tom, dem es gesundheitlich leider gerade nicht so gut geht,  für viel Gesprächssetoff. Wir wünschen ihm alles Gute! 

Platz sechs: Wintertraum von 1890

Der zugefrorene Feuersee – das Foto aus dem Archiv des Landesmedienzentrums ist unserem Buch zu sehen.

Platz sieben: Das Müsli

Wie schreibt Anja Müller-Hesse so schön: „Oh das Müsli, never forget… -:)“

Platz acht: Die Röhre

An den 1985 eröffneten Musikclub im Wagenburg-Tunnel erinnern sich viele. 

Platz neun: Der Kartenverkäufer von der Schulstraße

Ohne Beine und nur mit einem Arm ist er geboren: Über 25 Jahre lang saß der Postkartenverkäufer Werner Toberer  auf der Schulstraße.  

Platz zehn: Die Stuttgart-Jahre von Helmut Berger

Die Kolumne „Die schönen Dinge des Lebens? Sie führen ins Verderben  erinnert an die Stuttgart-Jahre des früheren Weltstars und künftigen Dschungelcamp-Besuchers Helmut Berger. Der Schauspieler lebte bei Schwulenwirtin Laura. Die nennt ihn nur noch „Horror“.  

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