Da musste  Roland Baisch grau werden, im Grunde  gleich weiß und weiser, um als Star aufzufallen.  Vor einiger Zeit hat sich der schwäbische  Entertainer selbst zum Star   ernannt.  Seinem Programm gab der 59-Jährige  den Titel „Der graue Star“,  um dem Bestseller „Altwerden ist nichts für Feiglinge“ von Joachim Fuchsberger eine  verdrängte  Wahrheit entgegenzusetzen: „Wer jung bleiben will, ist feige.“

Wer bisher dachte, die ganze Welt hasst es, alt zu werden,   kennt den grauen Star nicht. Herr Baisch lehnt die ewige Jugend ab,  weshalb  die Jury des baden-württembergischen Kleinkunstpreises ebenso mutig geworden ist. Sie hat eine dem Nachwuchs dienende Förderung einem bald 60-Jährigen zuerkannt.  Zur Preisverleihung ins  Ulmer Roxy brachte    Roland Baisch, wie auf dem Blogfoto  von Joachim Bozler oben zu sehen ist,  eine Ganzkörperaufnahme von sich   mit. Sie stammt aus einer Zeit, als er  glaubte,  man bräuchte einen schönen Körper, um an superscharfe Frauen zu kommen.   Heute  weiß er:  Es gibt noch wichtigere Dinge.  Vom Gipfel der Alterspyramide kann man  herabblicken – auf eine infantile Welt, die mit Oberflächlichkeiten  zu sehr beschäftigt ist, um  innere Ruhe, wahren Genuss und Erfüllung in reifer Vollendung zu finden. Oder so ähnlich.  Bin erst dabei, den baisch’schen Philosophenansatz langsam zu verstehen.

 Vielleicht will der  Preisträger  auch nur das tun, was   US-Schauspieler Billy Crystal, 65, Sallys ewiger Harry, vor zwei Tagen im Interview mit der  „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ so formuliert hat: „Man muss sich über das Älterwerden lustig machen, damit es ein bisschen einfacher wird.“   Ist es bei Herrn Baisch  wie  in einer der bekanntesten Filmszenen Hollywoods  – beim vorgetäuschten Orgasmus von Sally?   Täuscht uns der schwäbische Entertainer nur vor, dass es verdammt geil ist, alt zu werden?

 Nein, ich glaube, sein Höhepunkt ist echt, den er gerade erlebt. Als ich ihm zum Preis gratulierte, sagte er,  worüber er sich  am meisten freut: „Viele junge Kollegen akzeptieren mich als Elder Statesman.“ Hurra,  Roland Baisch ist der Helmut Schmidt der Comedyszene! Ob  er schon rauchen könne, ohne zu husten?  Nein,  mit dem Rauchen habe er aufgehört, entgegnete er: „Deshalb bin ich  der  Dalai Lama der Hinterhöfe – meine Anarchie habe ich mir nicht nehmen lassen.“ Und dann verriet Dalai Baisch sein großes Ziel: „Ich möchte hochbetagt ganz jung sterben.“

Wir normale Menschen können froh sein. Es sind die Stars, die uns Orientierung  und Halt geben.  Sei  schlau, werd’ grau! Viele graue Haare habe ich ja schon. Ich  will  nicht länger ein  Feigling sein und färb‘ mir nun den ganzen Schopf grau.

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